Das italienische Parlament. Hier treffen sich Italiens Senioren.
Abends in der Bar der Kameraschwenk der Telegiornali über das italienische Parlament: Ein Altersheim mit Geschlechtertrennung. Hier treffen sich Italiens Senioren, anstatt mit ihren Enkeln am Strand spazieren zu gehen.
Silvio Berlusconi geht hier, nachdem man ihm mehrfach die Gesichtshaut hinter die Ohren gezogen hat, immer noch als einer von der Abteilung Jung und Dynamisch durch, ist aber über 70. Der Präsident der Republik, Giorgio Napolitano (Jahrgang 1925), ist vor kurzem mal in seinem Thronsessel zusammengesackt, hat sich aber unter dem gerührten Beifall der Anwesenden nochmal wieder hoch stemmen können. Ich warte noch auf den Tag, an dem er am Tropf reingekarrt wird. Dann gibt es jede Menge Senatoren auf Lebenszeit, die hängen da also rum, bis zum Ende, z. B. Giulio Andreotti, seit 1946! Frauen?
Aber das ist nicht nur in der Politik so, sondern überall. Das ist Alltag. Wenn ich mit deutschen oder schweizer Auftraggebern telefoniere, habe ich es in der Regel mit einem freundlichen männlichen oder weiblichen Gesprächspartner zwischen 30 und 40 zu tun, der mit mir zusammen bemüht ist, zum besten Ergebnis zu kommen und mir das Gefühl gibt, dass er meine Arbeit zu schätzen weiß. Handelt es sich beim Auftraggeber um ein italienisches Unternehmen, hängt am anderen Ende der Leitung mit einiger Sicherheit ein greiser, cholerischer Dreckssack, der überzeugt ist, dass die Erde und alle Planeten ihn umkreisen müssen und er mir einen großen Gefallen tut, wenn er mir die Ehre erweist, für ihn arbeiten zu dürfen. Das erste Anschreiben lautet meist: “Hoch verehrter Herr Dr., … bedanke mich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit und sende Ihnen die untertänigsten Grüße”. Im zweiten Schreiben werden sie gleich frech wie Dreck.
Italien wird von solchen Leuten regiert beherrscht und es scheint, dass nichts in der Welt das ändern kann.